Dirnen, Cops und Migranten packen aus

In der Lorraine findet am Dienstag die erste Berner Human Library statt. «Lebende» Bücher beantworten Fragen, die man sonst nicht zu stellen traut.

Wie war Ihr erster Arbeitstag als Prostituierte? Hatten Sie bei der Vergabe einer Busse schon einmal ein schlechtes Gewissen? Warum sind Sie in die Schweiz emigriert?

Wer Prostituierten, Polizisten oder Migranten schon immer einmal näher auf den Zahn fühlen wollte, darf sich auf die kommenden Events der «Human Library» freuen. Denn bei der ungewöhnlichen Lesestunde sind die Bücher nicht nur lebendig, sondern erzählen auch bereitwillig aus ihrem Leben.

«Die Bücher sind Menschen»

«Die Human Library ist eine Bibliothek, bei der die Bücher Menschen sind», erklärt Mitinitiantin Loretta Scherler. «Wir haben bereits letzten Herbst einen ersten Testevent organisiert, der sehr grossen Anklang fand. Nun wollen wir das Konzept weiter ausbauen.»

Dabei gehe es primär darum, einen Draht zu Leuten aufzubauen, die gesellschaftlichen Vorurteilen ausgesetzt sind. Die Bibliotheksbesucher können die lebendigen Bücher im Café «ausleihen», ihren Geschichten lauschen oder sie mit Fragen konfrontieren, die man im Alltag nicht zu fragen traut. «Die Idee dahinter ist, dass man ganz offen miteinander sprechen und so Klischees und Vorurteile abbauen kann», sagt Scherler. «Reden ist häufig der einfachste Weg.»

Brotloser Künstler zum Ausleihen

So können am Event insgesamt acht Bücher ausgeliehen werden, darunter etwa «Blind geboren, doch sehend mit Händen, Herz und Ohren», «Der Künstler in der Leere» oder «Ausländische Einheimische». Im Mai will die Human Library in eine weitere Runde starten: «Wir sind bereits mit mehreren lebenden Büchern im Gespräch», sagt Scherler, «so wird uns ein Polizist aus seinem Leben erzählen, zudem wollen wir das Thema Sexarbeit thematisieren.»

Organisiert wird die Human Library von SCI Schweiz, einer Freiwilligenorganisation für interkulturellen Austausch. Der Berner Event findet am 17. Februar im Café Wartsaal in der Berner Lorraine statt. «Wir haben bewusst einen Ort mit einer intimen Atmosphäre gewählt», sagt Scherler, «es ist dann so, als würde man mit einem Buch im Café sitzen und eine Geschichte lesen. Nur dass das Buch eben lebendig ist.» Weitere Events sind im Mai und Oktober geplant.

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